Am 18. April 2017 forderte Albrecht Glaser in seiner Rede auf einer AfD-Parteiveranstaltung in Oestrich-Winkel, dem Islam das Grundrecht auf Religionsfreiheit zu entziehen. Seine Behauptung, der Islam kenne und respektiere keine Religionsfreiheit und würde sie da, wo der Islam das Sagen habe, im Keim ersticken, hat für Aufregung gesorgt. Glaser wurde von der AfD als Bundestagsvizepräsident zur Wahl gestellt und fiel in allen drei Wahlgängen durch. Glasers Ausführung zu den Glaubensinhalten des Islams haben wir nicht selbst geprüft, sondern besprechen wir in einem ausführlichen Gespräch mit einem Islamwissenschaftler. Die Aussage haben wir auf der Grundlage mehrerer Datenquellen überprüft und bewerten sie mit stimmt nicht.
Der Islam ist eine Konstruktion, die selbst die Religionsfreiheit nicht kennt und diese nicht respektiert.
Albrecht Glaser
Die Quellen für eine Überprüfung sind die Schriften des Islam, also der Koran und die Sunna. Diese Schriftensammlung wird auch Prophetentradition genannt. Sie liegt nicht als ganze Schrift vor, sondern besteht aus Einzelberichten, den Hadithen, die vom Leben und der religiösen Praxis des Propheten Mohammeds handeln. Der Koran und die Sunna sind für den muslimischen Glauben konstituierend und erheben beide den Anspruch auf Wahrhaftigkeit. Trotzdem handelt es sich hier nicht um Quellen, die intersubjektiv nachvollziehbare, eindeutige Informationen zur Verifizierung oder Falsifizierung einer Aussage liefern. Vielmehr werden diese religiösen Schriften, je nach Strömung unterschiedlich interpretiert und ausgelegt. Gleichwohl ist in den Hadithen der Satz Mohammeds überliefert:
„Wer seine Religion wechselt, den tötet“ und „Wer sich von euch trennt (oder von euch abfällt), der soll sterben“. Es ist anzunehmen, dass sich Glaser in seinen Ausführung auf derartige Belege bezieht, die auf den ersten Blick im Widerspruch zum Recht auf die freie Wahl der eigenen Religion stehen. Das Recht auf Religionsfreiheit ist in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) der Vereinten Nationen von 1948 in Artikel 18, und in dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 festgehalten. In Deutschland gewährt der vierte Artikel des Grundgesetzes dieses Recht.
Wir möchten uns als Redaktion nicht anmaßen, Glasers Aussagen zu den Glaubensinhalten des Islams anhand der Kriterien von stimmtdas.org zu bewerten. Daher haben wir uns für eine andere Form entschieden. Zu der Frage, ob der Islam die Religionsfreiheit kennt, hat stimmtdas.org ein Interview mit dem renommierten Islamwissenschaftler Dr. Abdel-Hakim Ourgi geführt. Das gesamte Interview könnt ihr hier lesen.
Ourgis Kernaussage: „Die Methode von Herrn Glaser und vieler rechter Populisten ist die gleiche wie die salafistische Methode: Es geht darum, bestimmte Verse aus dem Kontext zu reißen und ohne ihre historische Situation in Betracht zu ziehen und dementsprechend zu interpretieren.“
Der Wissenschaftler fordert, der Koran müsse -ähnlich wie die Bibel- situativ betrachtet und historisch-kritisch analysiert werden, er sei in seinen Ausdrucksweisen für das 7. Jahrhundert geschrieben worden. Abdel-Hakim Ourgi zitiert außerdem Verse aus dem Koran, die der Interpretation Glasers widersprechen. Damit will er darlegen, dass die religiöse Schrift nicht wortwörtlich interpretiert werden sollte und warnt vor politischer Instrumentalisierung:
Sure 18, Vers 29. „Wer glauben will, möge glauben und wer nicht will, möge nicht glauben.“
Sure 2, Vers 256. „In der Religion des Islam gibt es keinen Zwang.“
Koran
Religionsfreiheit in keinen islamischen Ländern?
Und da, wo sie das Sagen hat, jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt.
Albrecht Glaser
Im ersten Teil des Zitats setzt sich Albrecht Glaser mit den Glaubensinhalten und Vorschriften des Islams auseinander, während der zweite Teil sich auf weltliche Aspekte bezieht. Zur Überprüfung dieser Aussage ziehen wir Ergebnisse der vergleichenden Politikwissenschaft heran.
In ihrem Buch „“ legen die Soziologen Grim und Finke eine weltweite Studie der Religionsfreiheit vor. Anhand von 33 Indikatoren, die den Grad institutioneller Einschränkungen sowie sozialer Feindseligkeiten messen, ordnen sie den Ländern einen Platz in ihrem Religionsfreiheits-Index zu.
Diesem Index zufolge gehören von den 47 Nationen mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung nur 12 der Kategorie „niedrige Einschränkung der Religionsfreiheit“ an. Der Politikwissenschaftler Daniel Philpott kommt auf einer anderen Datengrundlage zu einem ähnlichen Ergebnis. Er stuft 11 mehrheitlich muslimische Länder als „religiös frei“ ein und erklärt, dass in diesen Ländern (z.B. Libanon, Niger, Senegal) die Religionsfreiheit nicht trotz sondern wegen der tiefen historischen Verwurzelung des Islams möglich sei. Entgegen der Aussage Glasers finden sich mehrere Länder, in denen „der Islam das Sagen hat“ und die Religionsfreiheit aber nicht im Kern erstickt ist, sondern floriert.
Gleichwohl ist es um die Religionsfreiheit in der Mehrheit der muslimischen Länder nicht gut bestellt. Laut Grim und Finke ergibt eine differenzierte Betrachtung der verbleibenden Staaten mit „hoher Einschränkung“ ergibt: 21 dieser Staaten fallen laut Grim und Finke in die Kategorie „islamistisch“. Dort ist der Islam oft Staatsreligion, teilweise die Scharia das geltende Gesetz. Die übrigen 14 Staaten werden in der Studie als „säkular repressiv“ bezeichnet. In diesen Ländern richten sich Einschränkungen der Religionsfreiheit vor allem gegen Muslime. Autoritäre, säkular repressive Regime wie z.B. in Usbekistan oder Algerien zielen darauf ab, Religion in den privaten Raum zurückzudrängen und folgen damit dem Modell der Türkischen Republik von Kemal Atatürk.
Die Ergebnisse von Grim und Finke decken sich weitgehend mit dem International Religious Freedom Report for 2016 des US-State Departments sowie dem 2015 Freedom in the World Report der Nichtregierungsorganisation Freedom House.
Fazit
Die Studien zeigen, dass in 78 % der Länder mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung die Religionsfreiheit stark eingeschränkt ist. Vergleichbare Restriktionen gibt es weltweit in 43 % aller Länder und nur in 10 % mit mehrheitlich christlicher Bevölkerung. Diese Zahlen zeigen, dass in muslimisch dominierten Ländern ein vergleichsweise geringes Maß an Religionsfreiheit herrscht. In seiner Absolutheit stimmt Glasers Aussage, dass der Islam „jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt“, jedoch nicht. In einer Reihe von mehrheitlich muslimischen Ländern herrscht ein hoher Grad religiöser Freiheiten.
2 Gedanken zu „“Da wo der Islam das Sagen hat, [wird] jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt”“
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Die grundsätzliche Sachlage ist doch folgende: Allah ist nichts anderes als der Hauptgott der vormuslimischen Araber und damit im Grunde eine “Götze” aus dem Götterkanon um Hubal & Co. Es ist nicht der Gott Abrahams, wie fälschlicherweise weitverbreitet angenommen wird. Der Kern des Islams und seiner Entstehung ist der Anspruch auf das Erbe Abrahams. Dieser ist aber wie bereits im 2500Jahre alten 1. Buch Mose, der Genesis nachzulesen nicht gerechtfertigt, wo geschrieben steht, dass Gott die Nachfahren Ismaels enterbt hat. Punkt. Natürlich ist dieser Text suggestiv und mit klare Weitsicht verfasst, lässt man sich jedoch darauf ein sitzt man quasi in der Falle, so wie der Islam dessen pathologische Mängel man nur sehr begrenzt schönreden kann. Eine unglaublich geniale Lösung hat hier das Xristentum geliefert. Gott wurde durch einen Menschen ersetzt, welcher im Gegensatz dazu allerdings den höchsten Preis zahlen musste.… Ich wünsche den Muslimen, dass Sie den richtigen Weg finden und schließlich die Herrlichkeit unseres Herren Jesus Christus erkennen mögen. PS. Warum zieht es sie nicht nach Saudi Arabien oder Indonesien? Nein! SIE wollen nach Nordamerika und Westeuropa und genau das spricht doch für sich und ganz nebenbei, ein Analphabet kann kein Prophet sein.
Die Hilfsorganisation “Open Doors” gibt bekannt, dass im Jahr 2017 weltweit 200 Millionen Christen verfolgt wurden. Der Verfolgungsbegriff ist relativ eng gefasst. Unter den 10 schlimmsten Verfolgerstaaten sind 9 muslimisch. Die Scharia sieht für Schriftbesitzer (Christen; Juden) genau drei Möglichkeiten vor: Sie konvertieren zum Islam; sie können in einer islamischen Gesellschaft mit einem eingeschränkten Rechtsstatus leben — Dhimmitum oder sie werden nach Sure 9 Vers 5 getötet. Richtig ist nur, dass zumindest in teilsäkularisierten OIC-Staaten, die Scharia nur eingeschränkt angewendet wird. Ihre Grundaussage, dass DER Islam — sui generis — die Religionsfreiheit auch für “Ungläubige” garantiert ist leider in den Bereich der Taqiyya zu verschieben.