Die Aussage von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), die Schadstoffbelastung in den Städten sei in Deutschland in den Jahren 1990 bis 2015 um rund 60 Prozent gesunken, stimmt, ist aber vereinfachend. Denn die Zahlen, auf die er sich beruft, beziehen sich nicht explizit auf Städte. Zudem werden Feinstaub und Ozon, die laut der EU-Richtlinie 2008/50/EG auch zu den klimawirksamen Schadstoffen gehören, erst seit dem Jahr 2000 bundesweit gemessen.
In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 20. April 2018 wies Verkehrsminister Scheuer auf die gesunkene Schadstoffbelastung in den Städten hin. Auf Anfrage konnte ermittelt werden, dass er sich hierbei auf eine Statistik aus dem Statistischen Handbuch „Verkehr in Zahlen“ vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) bezieht.
Laut der Daten des Statistischen Handbuchs hat die vom Straßenverkehr verursachte NOx-Konzentration von circa 1.250 kt im Jahr 1991 auf ca. 400 kt im Jahr 2015, und somit um ca. 68 Prozent, abgenommen. NOx-Schadstoffe umfassen sowohl Stickstoffmonoxide (NO) und Stickstoffdioxide (NO2), die hauptsächlich von Verbrennungsmotoren sowie Industrie und Energieerzeugung emittiert werden. Allerdings beziehen sich die erhobenen Daten nicht erkennbar spezifisch auf Städte.
Zur vollständigen Beurteilung der Luftqualität ist neben der NOx-Konzentration auch die in Städten besonders problematische Konzentration von Feinstaub relevant. In der EU-Richtlinie 2008/50/EG wird die Konzentration der Feinstaubbestandteile PM10 und PM2,5 als Maßgabe für die Luftreinhaltepolitik angegeben — PM10 bedeutet Feinstaub mit einem aerodynamischen Durchmesser von weniger als 10, PM2,5 mit weniger als 2,5 Mikrometern.
Laut einzelner Ländermessungen des Umweltbundesamts haben die Jahresmittelwerte von PM10 im städtischen Raum von ca. 36 µg/m3 im Jahr 1990 auf ca. 23,5 µg/m3 im Jahr 2015 — und somit lediglich um knapp 35 Prozent — abgenommen. Die Konzentration von PM2,5 wird bundesweit erst seit 2000 erhoben und hat sich bis 2016 laut dem Umweltbundesamt in Ballungsräumen um ca. 57 Prozent verringert. Weiterhin werden die EU-Grenzwerte sowohl für NOx- als auch Feinstaub-Emissionen in vielen Städten überschritten.
Das Umweltbundesamt zieht darüber hinaus, zusätzlich zu Feinstaub und Stickstoffdioxid (NO2), auch Ozon(O3) beim Vergleich städtischer Schadstoffkonzentrationen hinzu. Demnach hat die Konzentration von Ozon von 2000 bis 2016 in Ballungsräumen um ca. 11 Prozent abgenommen. Die Wirkungsschwelle, die von der WHO empfohlen wird (und deutlich strenger ist, als die Grenzwerte der EU), wird sowohl bei Ozon als auch bei den zwei Schadstoffklassen weiterhin teilweise überschritten.
Die Aussage von Andreas Scheuer, die Schadstoffbelastung in Städten sei in Deutschland von 1990 bis 2015 um 60 Prozent gesunken, stimmt, ist aber vereinfachend. Die Schadstoffkonzentration von NOx ist zwar um ca. 68 Prozent gesunken, allerdings beziehen sich die zugrundeliegenden Daten erstens nicht explizit auf Städte, zweitens zählen auch Feinstaub und Ozon zu den laut EU-Richtlinie 2008/50/EG klimawirksamen Schadstoffen. Die Feinstaubkonzentration wird bundesweit allerdings erst seit 2000 (PM10) bzw. 2008 (PM2,5) erhoben, ist also für den von Scheuer genannten Zeitraum nicht messbar.