stimmtdas.org macht eine Pause

Liebe Freunde von stimmtdas.org,

am Anfang einer Bezie­hung ist die Eupho­rie groß. Man ist verliebt, möchte mit niemand ande­rem sonst seine Zeit verbrin­gen. Doch irgend­wann schleicht sich der Alltag mit seinen klei­nen und großen Proble­men ein und will den Schmet­ter­lin­gen an den Kragen. So in etwa geht es uns, dem Team von stimmtdas.org, fast genau ein Jahr nach dem Start unse­rer Seite.

Wie ihr wisst, arbei­ten wir alle ehren­amt­lich am Projekt. Es ist und war uns von Anfang an wich­tig unab­hän­gig zu sein, vor allem in unse­rer Finan­zie­rung. Doch das bedeu­tet auch: Wir alle haben noch andere Baustel­len im Leben, wie zum Beispiel Umzüge, Babies, Master­ar­bei­ten, Promo­tio­nen und Voll­zeit­jobs. In den letz­ten Mona­ten haben wir gemerkt: Alles zusam­men ist ganz schön viel.

Unser erstes großes Ziel, eine Seite zu star­ten und mit unse­ren Fakten­checks einen klei­nen Teil zum poli­ti­schen Diskurs beizu­tra­gen, haben wir in diesem einen Jahr erreicht. Deshalb müssen wir jetzt nach­den­ken, uns sortie­ren und über­le­gen, ob und wie wir weiter­ma­chen. Bis Ende des Jahres 2018 ziehen wir uns also erst­mal zurück, evalu­ie­ren Geleis­te­tes und denken darüber nach in welcher Form stimmtdas.org weiter exis­tie­ren kann.

Auch, wenn die Pause nicht zwangs­läu­fig ein Abschied ist: Wir möch­ten schon mal DANKE sagen. Vor allem danken wir unse­ren freien AutorIn­nen, die sich oft klein­tei­lig durch Studien gekämpft und tolle Checks zu Aussa­gen von Poli­ti­ke­rIn­nen geschrie­ben haben. Ein Dank geht auch an das Kern­team und einzelne Mitglie­der, die unglaub­lich viel Zeit und Arbeit inves­tiert haben, sowie an alle Spen­de­rIn­nen, die das Projekt finan­zi­ell unter­stützt haben. Vor allem aber Danken wir euch, unse­ren über 50.000 Lese­rIn­nen, Kriti­ke­rIn­nen und flei­ßi­gen Nutze­rIn­nen der Kommen­tar-Funk­tion.

Bis bald!

<3

Euer stimmtdas.org Team

Das stimmtdas.org Bull­shit-Lexi­kon

Das stimmtdas.org Bull­shit-Lexi­kon
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Back­fire-Effect

Darun­ter versteht die Sozial-Psycho­lo­gie das Phäno­men, dass neue Fakten, die der eige­nen Über­zeu­gung wider­spre­chen, dazu führen, dass sich diese (falsche) Über­zeu­gung (zunächst) verfes­tigt.

Beispiel:
In einem Expe­ri­ment erhiel­ten Versuchs­per­so­nen Fakten, die ihren jewei­li­gen Wunsch­kan­di­da­ten in einem schlech­ten Licht zeig­ten. Dabei stieg die Zustim­mung für diesen Kandi­da­ten. Erst wenn die Quote wider­spre­chen­der Fakten auf 30% und mehr stieg, sank die die Zustim­mung  erst lang­sam, bei weite­rer Erhö­hung dann rapide.

Argu­men­tum ad verecun­diam

Das „ad verecun­diam“ (durch Ehrfurcht) oder Auto­ri­täts­ar­gu­ment ist ein Argu­ment, das ein These ausschließ­lich durch die Beru­fung auf eine Auto­ri­tät oder einen Exper­ten zu bele­gen versucht.

Beispiel:
Jane Goodall glaubt an die Exis­tenz von Yeti, Bigfoot oder Sasquatch. Jane Goodall ist eine Biolo­gin und welt­be­kannte Prima­ten­for­sche­rin.

Kritik:
Auto­ri­tät ist als solche kein Garant für Wahr­heit, deshalb handelt es sich nicht um eine logisch zwin­gende Schluss­fol­ge­rung. Tatsäch­lich argu­men­tie­ren Exper­ten selten allein aufgrund ihres Stan­des, viel­mehr gelten sie als Auto­ri­tät, weil sie gute Argu­mente vortra­gen.

Natu­ra­lis­ti­scher Fehl­schluss

Der natu­ra­lis­ti­sche Fehl­schluss liegt vor, wenn von der vermeint­li­chen Natür­lich­keit einer Prämisse auf die norma­tive Rich­tig­keit der Folge­rung geschlos­sen wird.

Beispiel:
In einer Umfrage stim­men über ein Drit­tel der Sach­sen folgen­der Aussage zu: „Eine sexu­elle Bezie­hung zwischen Perso­nen dessel­ben Geschlechts ist unna­tür­lich.“

Kritik: Was ist natür­lich und was unna­tür­lich?
Sind nur Kartof­feln nur roh natür­lich und damit „gut“ oder auch gekocht? Bril­len gene­rell oder nur ohne Kunst­stoff­ge­stell? Sind Blut­trans­fu­sio­ne­nen gene­rell unna­tür­lich oder nur Blutplasm,a das aus artfrem­den Hämo­glo­bin gezüch­tet wurde?
Außer­dem: Homo­se­xu­el­les Verhal­ten wurde bei über fünf­zig Tier­ar­ten in der freien Natur beob­ach­tet.

Over­ton-Fens­ter

Das Over­ton-Fens­ter bezeich­net den Rahmen der im öffent­li­chen Meinungs­raum akzep­ta­blen Ansich­ten. Meinun­gen ausser­halb des Fens­ters sind demnach radi­kal, extrem, an den Enden des Spek­trum sogar undenk­bar. Spin­dok­to­ren, Think-Tanks und radi­kale Vorden­ker machen sich das Over­ton- Fens­ter zunutze. Overtone-Fenster Grafik Durch immer radi­ka­lere Äuße­run­gen bis hin zu bewuss­ten Tabu­brü­chen und deren zwangs­läu­fige Diskus­sion im öffent­li­chen Raum wird das Over­ton Fens­ter immer weiter verscho­ben, und damit auch das, was von der brei­ten Öffent­lich­keit als akzep­ta­ble Meinung ange­se­hen wird. Lang­fris­tig kann heute Undenk­ba­res zur mögli­chen Poli­tik werden.

Argu­men­tum ad homi­nem

Das „ad homi­nem“ (zum Menschen) ist ein Schein­ar­gu­ment, bei dem die Posi­tion oder These des Gegners durch einen Angriff auf persön­li­che Umstände oder Eigen­schaf­ten seiner Person ange­foch­ten wird.

Beispiel: 

Sarah Wagen­knecht zu Jens Spahns Aussage „Hartz IV bedeu­tet nicht Armut“:
„Wenn gutver­die­nende Poli­ti­ker wie Herr Spahn meinen, das sei keine Armut, soll­ten sie sich viel­leicht mal mit einer Mutter unter­hal­ten, die unter solchen Bedin­gun­gen ihr Kind groß­zie­hen muss.“


Wie beim ad popu­lum ist das Ziel des ad homin­ems, die Posi­tion und ihren Vertre­ter in der öffent­li­chen Meinung in Miss­kre­dit zu brin­gen.

Argu­men­tum ad popu­lum

Die ‚Beweis­rede für das Volk‘ bezeich­net eine rheto­ri­sche Taktik, bei der etwas als wahr behaup­tet wird, weil es der Meinung einer rele­van­ten Mehr­heit von Perso­nen, z. B. der öffent­li­chen Meinung, entspricht.

Beispiel:

Food­watch-News­let­ter vom 15.12.17: »Chris­tian Schmidt hat wissen­schaft­li­che Studien igno­riert, die vor Schä­den für Umwelt und Gesund­heit durch Glypho­sat warnen […] obwohl 73 Prozent der deut­schen Bevöl­ke­rung ein Verbot von Glypho­sat fordern!«

Die Tatsa­che, dass eine rela­tive oder abso­lute Mehr­heit eine Auffas­sung vertritt, ist kein Nach­weis über den Wahr­heits­ge­halt.

Confir­ma­tion bias

Als Confir­ma­tion Bias (Bestä­ti­gungs­feh­ler) bezeich­net man die Neigung, Infor­ma­tio­nen so auszu­wäh­len, zu ermit­teln und zu inter­pre­tie­ren, dass die eigene Meinung bestä­tigt wird.

Wirkung:
passende Infor­ma­tion bleibt besser in Erin­ne­rung
passende Infor­ma­tion wird höher gewer­tet
vermei­den unpas­sen­der Infor­ma­ti­ons­quel­len

Stra­te­gie gegen den confir­ma­tion bias:
sich bewusst Infor­ma­tio­nen und Fakten ausset­zen, die der eige­nen Meinung wider­spre­chen
Dialog mit Vertre­tern wider­spre­chen­der Meinun­gen suchen
Gedan­ken­ex­pe­ri­ment: Welche Argu­mente wecken Zwei­fel an der eige­nen Meinung, mögli­che „Killer­ar­gu­mente“  über­legen.