Die Aussage der AfD-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, dass “mehr als 80 Prozent der sogenannten Flüchtlinge junge, kräftig gebaute, alleinstehende Männer waren”, stimmt nicht. Tatsächlich waren weniger als die Hälfte aller Flüchtlinge junge Männer.
Diese Aussage ist nicht neu: Es handelt sich um eine wörtliche Wiederholung eines Statements des ARD aktuell-Chefredakteurs Kai Gniffke im Oktober 2015, über die der Focus 2015 berichtete. Diese Aussage wurde in dem Zusammenhang bereits mehrfach deutlich als „unzutreffendes Bild” kritisiert. Alice Weidel wiederholte die Behauptung in ihrer Rede zur Wahlkampferöffnung in Rheinfelden am 17. Juni (Timecode: 1h 03m), obwohl die Zahlen des BaMF dem Statement klar widersprechen.
Kaum ein Thema hat in den letzten Jahren die öffentliche Meinung so gespalten, über kaum ein Thema wurde so emotional berichtet, wie über die sogenannte Flüchtlingskrise. In den Jahren 2015 und 2016 haben insgesamt fast 1,2 Millionen Menschen Asyl in Deutschland beantragt, vor allem aus Syrien und Afghanistan. Die Mehrheit der Geflüchteten, bzw. über 80 Prozent, seien Männer, so jedenfalls Alice Weidel und Kai Gniffke. Nach offiziellen Zahlen des BaMF sind es allerdings nur 67 Prozent. In den ersten Monaten von 2017 ist der Anteil der männlichen Antragsteller auf 62 Prozent gesunken, so das BAMF (hier die Statistiken für 2015, 2016 und 2017). Die Zahl 80 Prozent stimmt nicht.
Ein Ungleichgewicht im Verhältnis zwischen Männern und Frauen lässt sich vor allem unter den Jugendlichen beobachten. Hier sind 75 Prozent der AsylbewerberInnen Männer, während das Verhältnis bei Kindern und alten Menschen nahezu ausgeglichen ist. Das hat auch damit zu tun, dass junge Männer zuerst ins Ausland flüchten, um dann einen Familiennachzug zu beantragen. Nicht zufällig hat sich der Anteil männlicher Antragsteller in den ersten Monaten von 2017 deutlich reduziert.
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Es bleibt noch die Frage offen, wie viele der männlichen Geflüchteten, die 2016 nach Deutschland kamen, tatsächlich jung, kräftig gebaut und alleinstehend waren. Wenn man eine Person zwischen 16 und 35 Jahren als “jung” betrachtet, kommt man auf ungefähr 469.000 Männer, das bedeutet 40 Prozent. Nicht prüfen können wir dagegen, wie viele von diesen jungen Männern auch kräftig gebaut und alleinstehend waren.
Fazit: Anhand der öffentlich zugänglichen Statistiken des BAMF lässt sich die Aussage, dass 80 Prozent der Geflüchteten männlich waren widerlegen. In die von uns als “jung” definierte Altersklasse fielen im vergangenen Jahr weniger als die Hälfte der Geflüchteten. Was Alice Weidel in ihrer Rede in Rheinfelden sagte, stimmt nicht.
Korrektur: in einer früheren Version des Artikels war die Überschrift im Präsenz, richtig ist die Vergangenheitsform.
13 Gedanken zu „Mehr als 80 Prozent der Flüchtlinge waren junge, kräftig gebaute und alleinstehende Männer“
Kommentare sind geschlossen.
Bei allem Respekt, hier geht es um “Stimmt das” und trotzdem werden wiederum falsche Zahlen vorgelegt, bzw. eine Zahlenklauberei vorgenommen, die alle Aussagen in ein falsches Licht rücken, die so falsch aber nicht sind.
Besonders das Fazit stößt mir sauer auf.
Dort heißt es:
“Fazit: Anhand der öffentlich zugänglichen Statistiken des BAMF lässt sich die Aussage, dass 80 Prozent der Geflüchteten männlich waren widerlegen.”
Soweit so gut. 2015 waren laut BAMF 69,2% aller Asylanträge von Männern gestellt worden, 2016 waren es 65,7%. Das sind nicht 80%, richtig. Die Aussage stimmt, wenn man sagt, es kommen deutlich mehr Männer.
In der Altersgruppe, die man als jung, kräftig gebaut und alleinstehend bezeichnen könnte (16 bis 30 Jahre), beträgt der Anteil der Männer aber ziemlich genau 80%. Könnte es sein, dass es zu einer kleinen Dreher gekommen ist?
Denn die Aussage stimmt, wenn man sagt “80% der jungen Flüchtlinge sind Männer”.
Bereits in Ihrer Einleitung auf dieser Seite heißt es: “Tatsächlich waren weniger als die Hälfte aller Flüchtlinge junge Männer”.
Wie aus den offiziellen Zahlen entnommen, liegt aber der Gesamtanteil der Männer in den Jahren 2015 und 2016 zwischen 65% und 70% (der Einfachheit gerundet). Diese Aussage ist also nur wieder Trickserei. Denn wenn man einen Abschnitt von 14 Jahren nimmt (16–30 Jahren) und der in 2016 bei 43,5% liegt, alle anderen Jahre (0–16 und 30 ‑65, also eine Altersspanne von 51 Jahren), dann ist diese junge Altersgruppe doch ein klarer Schwerpunkt.
Ja, die Aussage war allein gegriffen nicht ganz richtig, sie lag 10% drüber. Aber nein, es kommen nicht mehr Frauen, in keiner Altersgruppe bis auf 65 Jahre und Älter. Und darüber sollte man sich Gedanken machen. Viel Spaß in Marxloh, am Cotti und Frankfurter Bahnhof.
So unterschiedlich wird Deutschland nicht sein.
Anteil männlicher erstmaliger Asylbewerber (Drittstaaten) in den Mitgliedstaaten der EU-28, 2016
(Quelle: Eurostat (Online-Datencode: migr_asyappctza))
Insgesamt 68%
0–13 Jahre 53%
14–17 Jahre 77%!
18–34 Jahre 75%!
35–64 Jahre 62%
65 und älter 44%
Trotzdem sind die Zahlen im auf das Geschlecht bezogene relevante Alter die Zahlen ja sogar noch erschreckender als 80%. Sorry aber kein Mann von 16–35 will alte Omas oder Kinder daten. Die Aussage von Weigl stimmt zwar nicht, aber ich denke sie ist eher auf diese Altersgruppe bezogen.
Im Eifer einer Diskussion kommt sowas schon mal, dass man sich etwas vergreift. Tendenziell ist das was Frau Weigel gesagt hat richtig. Wer weiss, ob die vorgelegten Zahlen so stimmen. Gefühlt sind es jedenfalls 80%.
Was ist mit dem Ausspruch: da kommen Ärzte und Akademiker. Oder es ist Gold was kommt. Oder Ausländer sind nicht krimineller als Deutsche. Bitte mal was dazu sagen!
Die oben erwähnten 67 (bzw. 62) Prozent sind auch falsch, das ist der Anteil der männlichen Personen insgesamt. Gefragt sind aber “junge, kräftig gebaute, alleinstehende Männer”, also zunächst mal männliche Personen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren. Das sind laut Statistik ca. 30%. Wieviele davon kräftig gebaut und alleinstehend sind, sagt die Statistik leider nicht. Das vorliegende Bildmaterial zeigt zwar überwiegend eher schmächtige Menschen, aber sicherlich gibt es auch ein paar kräftig gebaute Flüchtlinge, von denen einige keine Frau/Freundin in der Heimat haben. Setzen wir die mal grosszügig bei 50% an, dann kämen wir auf einen Anteil von 15%. Oder, wenn wir “jung” als 18–35 Jahre definieren, hätten wir 18%, bei 18–40 Jahren 20% und selbst bei 16–40 Jahren kämen wir auf gerade mal 22%. Die korrigierte Aussage muss demnach lauten:
»Etwa 15 bis 22 Prozent der Flüchtlinge sind junge, kräftig gebaute und alleinstehende Männer«
und die korrekte Bewertung von Frau Weigels Aussage ist
“Ist eine dummdreiste Propagandalüge”
Gibt es genaue Daten zu allen Flüchtlingen, die nach Deutschland gekommen sind? Ich verstehe das so, dass die Zahlen zu den Asylantragsstellern am ehesten den Zahlen, der in Deutschland verbliebenen Flüchtlingen entsprechen dürften (Da Asylanträge in der Regel nur von Flüchtlingen gestellt werden und nur solchen gewährt werden. Die restlichen “Migranten” werden sich wohl auf anderem Wege um Arbeits- oder Bleiberecht kümmern).
Und von 67% auf 80% aufzurunden kommt in meinen Augen einer populistischen Lüge schon sehr nahe.
Eine falsche Behauptung zu kopieren macht diese auch nicht wahrer.
@Peter und @Thomas: Da hätte Frau W. einfach keine Zahlen nennen dürfen, oder wenn sie dies tut, dann wenigstens die richtigen.
Wenn ich in einer Mathearbeit 10–4=8 schreibe, schreibt mir mein Lehrer auch nicht “stimmt bedingt” oder “stimmt tendenziell” darunter.
Fakt ist doch: Weidel hat eine konkrete Zahl genannt und muss sich daran messen lassen. Eine Fehlerquote von rund 33% (62% wären richtig, sie nennt 80%) ist dabei ziemlich hoch!
Ich finde es zu einfach und apologetisch, einfach zu sagen: “der offensichtliche Hintergrund der Aussage ist für mich nicht, eine exakte Prozentzahl zu nennen, sondern auszudrücken: “Der deutlich größte Anteil sind junge Männer.”” Wenn sie das ausdrücken will, dann soll sie das bitteschön auch genau so tun und nicht mit überzogenen Zahlen unnötige Angst schüren.
Hmmmmm.….also es ist erst einmal löblich, daß ihr euch um die Validierung von Aussagen, Meldungen und Nachrichten kümmern wollt.
Dieses Portal will eine Faktencheck-Platform sein oder werden.
Die Autorin obigen Artikels gab als Motivation an hier zu schreiben:
“Ist der Meinung, dass sich der heutige Journalismus intensiver mit der Quellenprüfung beschäftigen sollte.”
Wenn als intensive Quellenprüfung die Statistik des BAMF gilt, bzw. diese im Artikel einfach als Wahrheit präsentiert wird, dann habe ich eine erheblich andere Auffassung von “intensiver Quellenprüfung” als die Autorin.…sehr diplomatisch ausgedrückt.
Wenn es nicht 80 Prozent, sondern mehr als 60 Prozent sind, wäre meine Einschätzung die passende Analyse nicht “Stimmt nicht”, sondern “stimmt fast”. Denn der offensichtliche Hintergrund der Aussage ist für mich nicht, eine exakte Prozentzahl zu nennen, sondern auszudrücken: “Der deutlich größte Anteil sind junge Männer.”
Im Übrigen schließe ich mich den Vor-Postern an: die Antwort auf die Frage: “Sind alle Einwanderer Flüchtlinge?” lautet eindeutig: “Stimmt nicht.” Insofern bitte ich Sie, gerade bei einem Projekt, das auf der Suche nach der Wahrheit ist, zu differenzieren.
Richtig.
Stimmt tendenziell oder “Stimmt bedingt”
Zu berücksichtigen ist auch, dass es stellenweise keine exakten Statistiken gab in dem Einwanderungs-Chaos. Da ist klar, dass Aussagen nur tendenziell zu verstehen sind.
Der Artikel vermengt die Begriffe Asylsuchende und Flüchtlinge bzw. Migranten.
In dem Artikel wird mit Statistiken zu “Asylsuchenden” argumentiert.
Die Aussage von Weidel bezieht sich aber auf “sogenannte Flüchtlinge”.
Diese Vermengung der Begriffe lastet ihr an anderer Stelle F.Petry an.
https://stimmtdas.org/2017/07/seit-jahresbeginn-reisten-laut-bundesinnenministerium-77–148-migranten-nach-deutschland-das-sind-in-summe-mehr-als-an-den-suedeuropaeischen-aussengrenzen-italiens-oder-griechenlands-zusamm/
“Die Anzahl der MigrantInnen darf nicht mit der Anzahl der Asylsuchenden gleichgesetzt werden. Frauke Petry schadet mit diesem Fehler ihrem eigentlichen Aussagewunsch, da die Zahl der MigrantInnen natürlich deutlich höher liegt, als die der Asylsuchenden.”
Das stimmt nicht. Es geht hier um Asylsuchende, da alle hierherkommenden Flüchtlinge Asyl beantragen müssen. Von “Migranten” ist in diesem Artikel nicht die Rede.
Dass Weidel von “sogenannten Flüchtlingen” redet, soll nur implizieren, dass alle Flüchtlinge kein Anrecht auf einen Asyl- oder Flüchtlingsstatus haben. Damit will sie die rechtsradikalen Wähler ihrer Partei ansprechen.
Dann sollten sie einmal die Zeitungsmeldungen der damaligen Zeit untersuchen und auch dem Amt die Frage stellen wieviel sie bisher von den Anträgen bearbeiten konnten und wieviele nocht offen sind. Bekanntlich ist das Amt noch nicht mit allen Anträgen fertig oder hat diese erfasst.